Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1996“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Manfred Schulte iat 2010 verstorben.
„Wat is besser? Stielmus ‚durchenander‘ oder ‚getrennt‘?“ Wenn Manfred Schulte und seine Frau Gisela sich darüber streiten, welche Zubereitungsart des klassischen Ruhrgebietsgemüses die bessere sei, so ist das schon fast eine kleine Kabarettnummer. Ausgerechnet im linksrheinischen Duisburg-Rheinhausen liegt mit dem „Mühlenberger Hof“ der kulinarische Nabel des Reviers. Im letzten Jahr hatte Patron Manfred Schulte das Revier-Kochbuch „Der Pott à la carte“ veröffentlicht und endlich die verschiedenen Küchenströmungen im Schmelztiegel Ruhrgebiet zu einer Regionalküche erklärt. Schultes Motto: Alles, was der Bergmann in seinem Garten gezogen hat, ist Bestandteil dieser Küche, und was er selbst als kreativer Koch damit macht, auch. Denn als gebürtiger Essener ist er ein Kind des Reviers und damit die maßgebliche Instanz.
Auf seiner Speisekarte lesen sich die Gaumenfreuden dann auch wie Mundart-Lyrik: „Salaate aussen Gaaten mitten gebeiztes Entenbrüsken“ oder „Spinatsüppchen mit Markklößkes“ gibt es z.B. als Vorspeisen. „Duett fonnen Hirsch- und Hasenfilet in Holunder“ oder „Halbe Wildente ‚macht unser Omma so‘ und gefüllte Kohlrouladen“ als Hauptgang.
Das „Kohlenpottmenü is ‚ne Überraschung“. Da kommt dann der Küchenmeister persönlich an den Tisch und bestimmt: „Ich sach dir gezz, watte zu essen kriss!“ In unserem Fall sah das dann so aus:
Als Vorspeise gab es ein Kohlrabi-Carpaccio, eine Delikatesse, die man sich nur einfallen lassen muss. Die hauchdünn geschnittenen Kohlrabischeiben, angemacht mit einer milden Vinaigrette, harmonierten vorzüglich mit den gebratenen, warmen Scampi. (Jawohl, die gehören schließlich auch zur Ruhrgebietsküche, denn welcher Kumpel war im Urlaub noch nie am Mittelmeer, hä?)
Die hausgemachten Nudeln mit Sommertrüffeln als zweiter Gang glichen schon fast einer süßen Mehlspeise und bereiteten den Gaumen auf den Hauptgang vor, „Kaninchen à la Schulte“. Das hieß in diesem Fall gebraten und mit verschiedenen gedünsteten Gemüsen angerichtet, hätte aber auch eine „gefüllte Kaninchenkeule auf Mostertsauce mit gefüllten Kohlkugeln in Farben“ sein können, wie der Meister es in seinem Kochbuch empfiehlt. Für den skeptischen Esser sei das Attribut „in Farben entschlüsselt: grün ist der Wirsing und rot der Rotkohl.
Zum Nachtisch gab es dann eine Kreation von Gisela Schulte. Die Konditorin zauberte ihre Spezialität auf den Tisch: „Rübenkrauteis mit Schattenmorellen“, eine wunderbare süß-saure Aroma-Kombination aus rheinischen Zutaten.
Ruhrgebietsküche, das ist in erster Linie eine Frage der Phantasie, und davon haben Manfred Schulte und seine Frau genug. Dass alles handwerklich überzeugend und mit gewinnender Herzlichkeit serviert wird, macht die kleine Reise nach Rheinhausen nur empfehlenswert.
Im Sommer kommt man sich im Hof des kleinen Hotels vor wie in der Toskana oder auf einer spanischen Hacienda. Im Winter kann man es sich im nostalgisch-biedermeierlich eingerichteten Gastraum gemütlich machen
-kopf
Hohenbudberger Str. 88, 47229 Duisburg.
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