Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1996“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr.
Die Tische im Ristorante „La Botte“ stehen in diesem Jahr etwas anders, deshalb hat man etwas mehr Platz in der sich über zwei Etagen erstreckenden Pizzeria. Der Staub auf den Flaschen des Rotweinregals indes verheißt Kontinuität in Ambiente und Küchenleistung. Im letzten Jahr sahen wir hier viele Italiener essen; die mochten diesmal ihre Sommerferien in Bella Italia verbringen, wahrscheinlich war es da kühler. Stattdessen feierte am Nebentisch unter dem Mannschaftsfoto von Borussia Dortmund eine Damengruppe anscheinend ihre Teilnahme am Claudia-Nolte-Lookalike-Contest. Die Damen hatten sich wahrlich kein schlechtes Lokal ausgesucht.
Dass der Kellner schlicht und einfach vergaß, unseren Wunsch nach dem gemischten Vorspeisenteller, der uns letztes Jahr in schieres Entzücken versetzt hatte, an die Küche weiterzuleiten und gleich mit den Hauptgerichten ankam: geschenkt. Schließlich war es der schwülste Tag des Jahres, und der Gewitterblitz hatte gerade in einem benachbarten Dortmunder Stadtteil ein Gotteshaus in Brand gesteckt. Das haut auch einen hitzegewohnten Italiener um. Dass er er uns partout nicht die Weinkarte bringen wollte, auf die die Speisekarte so nachdrücklich hinwies, sondern gleich eine zimmerwarme Flasche Chianti Riserva hinstellte, die uns wie Glühwein durch die Kehle rann und dann - welch Überraschung! – mit glatten 50 Mark zu Buche schlug: egal, ging ja auf Spesen.
Bei allem klimatischen Unbill: Das Essen war wieder ausgezeichnet. Pizza, Pasta und Salate überließen wir den Damen nebenan: so enthemmt, wie sie plauderten, mussten sie aphrodisiakisch gut sein. Wir widmeten uns im Schweiße unseres Angesichts dem „Lachs in Champagnersauce“ und dem „Kalbskotelett auf provençalische Art“ und wurden Bissen um Bissen glücklicher. Wenn der Lachs nach Lachs schmeckt, selbst wenn es sich um Zuchtlachs handelt, dann kann man der Küche für die Zubereitung dieses zum Allerweltsgericht mutierten Edelfischs nur gratulieren. Und das Kalbskotelett, in Tomaten mit Rosmarin und Knoblauch geschmort und mit aromatischen Oliven garniert, erwies sich als die zarteste Versuchung, seit es lila Rindviecher gibt. Zum Abschluss brachten dann die gepfefferten Erdbeeren die innere und äußere Hitze in Einklang.
Unser Urteil: „La Botte“ hat den Hitzetest bestanden.
-kopf
Beurhausstr. 21, 44137 Dortmund
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