Dienstag, 13. Juni 1995

Aus dem Archiv: Tegtmeier’s

Der Text erschien erstmals in „Ausgehen im Ruhrgebiet 1996“.
Das Restaurant gibt es nicht mehr. Heute (2025) befindet sich hier das Restaurant „Elsässer Stube“.


Es hatte einige Anlaufschwierigkeiten gegeben, bis „Tegtmeier’s“ so lief, wie es laufen sollte. Zwar war die Witwe von Jürgen von Manger, der als Adolf Tegtmeier in die deutsche Kabarettgeschichte und die Herner Folklore eingegangen ist, sofort damit einverstanden, dass das Lokal den Namen der Kunstfigur ihres Mannes tragen sollte. Doch bis Patron Detlef von Koeding den richtigen Küchenchef gefunden hatte, sollten nach der Eröffnung im Spätherbst 1994 einige Monate ins Land gehen. Seit Sommer 1995 ist Thomas Becker Herr der Küche, der sich seine Meriten im „Schlosshotel Lerbach“ verdiente.

Wie ein Landgasthof liegt „Tegtmeier’s“ zwischen Wiesen und Feldern etwas abseits der Wiescherstraße in Herne. Hinter dem Haus lädt ein große Biergarten zur Rast ein. Im sorgsam renovierten Gastraum mit der großen dunklen Theke ist noch die Vergangenheit des Hauses als Kneipe zu erkennen, besonderen Reiz hat der neu angebaute Wintergarten. Luftig in Naturholz gehalten und mit vielen Fenstern, manifestiert sich hier die leichte Küche des Hauses.

Leichte Küche, das sind Spezialitäten wie „Zander unter dem Strudelblatt auf Lauchgemüse“ oder „Glacierter Kalbsrücken mit Pilzgemüse“. Beim Testessen überzeugten „Sautierte Poulardenbrust mit Blattsalaten und Balsamicoglace“ und „Kalbsleber auf Trüffelpüree und Frühlingslauch“, üppig arrangierte Köstlichkeiten, die den Gaumen verwöhnten und den Magen nicht beschwerten. Die „Strauchtomatenessenz mit Käseravioli“ als Vorspeise war eine kleine Kostbarkeit für sich. Herzhaft, aber nicht aufdringlich kam das Tomatenaroma bei der klaren Suppe durch.

Liegt es an den Moden der leichten Küche oder an der Einbildung eines lokalpatriotischen Restaurantbesuchers, ein wenig scheint mir die Ruhrgebietsküche bei Thomas Beckers Kreationen durchzuschimmern, wenn Gambas auf tomatisierten Dicken Bohnen, „lackierte Entenbrust mit Rhabarbergemüse“ oder sautierte Lammfilets auf Linsen-Lauch-Gemüse angerichtet werden. Zugegen, meine Mutter pflegte kein Trüffelpüree zur Leber zu geben, aber an ihre Stampfkartoffeln musste ich trotzdem denken.

Es war eine unverkrampfte Fröhlichkeit, die vorherrschte, als wir unser Menü mit einer gemischten Dessertplatte abschlossen, die die konditorischen Leistungen des Hauses zusammenfasste. Auch mochte das Stimmungshoch an dem Pinot Grigio und dem Riesling d’Alsace gelegen haben, denen wir, offen und wohltemperiert angeboten, fleißig zusprachen.
-kopf

Wiescherstr. 156, 44625 Herne

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